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Boschs Transformation zum agilen Innovator

Teslas Einfluss auf Boschs Transformation zum agilen Innovator


Falls Bosch überhaupt dieses Anstoßes bedurfte, unterstreicht die Kooperation mit Tesla, das bereits seit langem agiles Innovationsmanagement betreibt und das die Zusammenarbeit mit Bosch wegen dessen Internet-of-Things(IoT)-Kompetenzen sucht, die Notwendigkeit von Boschs Transformation zum agilen Innovator. Felix Hieronymi, der von Boschs Geschäftsführung als Projektführer mit der Transformation des Unternehmens zum agilen Innovator beauftragt wird, berichtet, dass Tesla im Gegensatz zu den anderen eher traditionellen Kunden auf “viel mehr Iteration, viel mehr Interaktion” in der kollaborativen Design- und Entwicklungsprozess des Innovationsprozesses besteht und dass diese Forderung “viel Druck auf die Organisation ausgeübt hat”. Martin Langsch, der seit 2011 für Bosch USA am Standort Plymouth arbeitet und jetzt dort Engineering Director ist, beschreibt das Arbeiten für Tesla so: „Die Hauptherausforderung ist, dass wir nicht wissen, was das endgültige Ziel ist“. Statt ausführlicher Spezifikationen gibt es von Tesla „Vision-getriebene“ Entwicklungsaufträge wie z.B. einfach ein „best of breed“-Bremssystem zu entwickeln. Um diese Anforderungen zu erfüllen und eine innovative Lösung zu liefern, nutzt Langschs Team vor allem die agile Produktentwicklungsmethode Scrum. Dazu trifft sich sein Team fast wöchentlich mit den Tesla-Verantwortlichen und diskutiert auf der Basis eines fortentwickelten funktionsfähigen Prototyps den aktuellen Entwicklungsstand der Innovation. Boschs Entwicklungen für Tesla brauchen aufgrund des agilen Ansatzes nur halb so viel Zeit, wie sie sonst gebraucht hätten.













Abbildung: Boschs Kooperation mit Tesla (Quelle: Bosch ConnectedWorld Blog)


Boschs Transformation zur “Dualen Organisation”


Schon früh hat Volkmar Denner, der seit Juli 2012 CEO von Bosch ist, erkannt, dass Bosch mit dem traditionellen Top-Down-Management in dem schnelllebigen globalen Umfeld nicht mehr erfolgreich sein kann und dass agiles Innovationsmanagement nötig ist, um weiterhin bei Innovationen führend zu sein. Bosch wird unter ihm zum Early Adopter eines agilen Mindsets und agiler Methoden im Innovationsmanagement. Zunächst entschließt sich Bosch, agile Methoden überall dort anzuwenden, wo es um radikale Innovationen geht, während die traditionellen Funktionen unberührt bleiben. Bosch führt eine sog. „Duale Organisation“ ein. Aber sie funktioniert nicht.


Boschs Transformation zum agilen Innovator als unternehmensweites Projekt


Daraufhin beschließt die Bosch Geschäftsführung, aus der agilen Transformation ein unternehmensweites Projekt zu machen, das von Felix Hieronymi geführt wird. Die Bosch Geschäftsführung soll als Steering Committee agieren. Hieronymi beginnt, das Projekt, wie er es gewohnt ist, zu führen, d.h. mit der Definition der Ziele, der Bestimmung des Endtermins und mit einer regelmäßigen Berichterstattung an das Steering Committee. Aber das Projekt macht keine Fortschritte. Die Bosch Geschäftsführung merkt, dass der Projektansatz nicht konsistent ist mit den Prinzipien der Agilität und dass die Geschäftssparten einem weiteren zentral organisierten Unternehmensprojekt sehr misstrauisch gegenüber stehen. Sie beschließt, auch diesen Ansatz ad acta zu legen.


Die Transformation von Boschs Geschäftsführung zum agilen Executive Action Team


Die Bosch Geschäftsführung entscheidet sich jetzt, nicht mehr als ein bloßes Steering Committee zu agieren, sondern selbst wie ein agiles Executive Action Team zu arbeiten und Agilität vorzuleben. Treffen der Geschäftsführung werden zunehmend zu Stand-up-Meetings vor Visualisierungshilfen an der Wand wie z.B. einem Kanban Board. Annie Howard, die als Consultant des Beratungsunternehmens Bain & Company die Transformation von Bosch zum agilen Innovator begleitet, berichtet, dass die Geschäftsführung „nicht mehr hinter einem großen Mahagonitisch saß und zuhörte, wie andere vor ihnen präsentierten. Sie standen auf, sie gingen herum, sie schauten sich die Pläne an der Wand an, sie diskutierten. Es war eine sehr interaktive, aufregende neue Art der Zusammenarbeit“. Das Geschäftsführungsteam definiert die Unternehmensprioritäten und bringt sie in eine Rangordnung, die jetzt regelmäßig aktualisiert wird. Das erlaubt dem Team, sich zu fokussieren und im Innovationsmanagement zu entscheiden, wo Innovationen und Veränderungen wirklich am wichtigsten sind. Und es konzentriert sich darauf, die größten Hindernisse in der Organisation zu beseitigen, die einer höheren Agilität im Wege stehen. Die starre Jahresplanung wird durch eine flexible, kontinuierliche Planung mit kontinuierlichen Finanzierungsrunden ersetzt. Die Geschäftsführung teilt sich in kleine agile cross-funktionale Unterteams von je 5-6 Managern auf, die ausgewählte Aufgaben erledigen. Einige dieser Teams arbeiten wie bei SCRUM mit Product Owner, SCRUM Master und Sprints. „Sie haben persönlich aus der gesteigerten Geschwindigkeit und Wirksamkeit Zufriedenheit gezogen. Du kannst diese Erfahrung nicht machen, indem Du ein Buch liest“, stellt Hieronymi fest.


Boschs 10 neue Führungsprinzipien


Ein Unterteam der Geschäftsführung entwickelt einen Vorschlag für 10 neue Führungsprinzipien, die dann nach interner Diskussion unter dem Titel „We lead Bosch“ veröffentlicht und für alle Führungskräfte verbindlich werden. Prinzipien wie „Wir schaffen Autonomie und beseitigen alle Hindernisse“, „Wir lernen aus Fehlern und betrachten sie als Teil unserer Innovationskultur“ oder „Wir fragen nach und geben Feedback und führen mit Vertrauen, Respekt und Empathie“ müssen für langgediente Bosch Führungskräfte sicherlich recht revolutionär klingen.













Abbildung: Boschs neue Führungsprinzipien „We Lead Bosch“


Heutiger Status von Boschs Transformation zum agilen Innovator


Stand heute besteht Bosch einerseits aus vielen Geschäftsbereichen, die sich auf agile Innovationsteams stützen und bereits unterschiedliche Reifegrade der Agilität erreicht haben wie u.a. Bosch Software Innovations, der Geschäftsbereich Elektrowerkzeuge/Power Tools und dort insbesondere der Produktbereich Home & Garden oder die Bosch Tochtergesellschaft ETAS. Andererseits gibt es noch einige eher traditionell strukturierte Geschäftsbereiche. Fast alle haben aber agile Werte übernommen, haben die Zusammenarbeit ihrer Mitarbeiter verbessert und passen sich schneller mit Innovationen an die zunehmend dynamischeren Änderungen im Markt an.


Dr. Rolf-Christian Wentz


Quellen:

  • Wentz RC (2020) Die neue Innovationsmaschine, Kindle Direct Publishing


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